Flow-Zustände beim Üben werden durch die Konzentration auf die folgenden Aspekte erzeugt:
Hier geht es um den Tastsinn: Entscheidend sind die Punkte, an denen Sie unmittelbare Berührung mit Ihrem Instrument haben, insbesondere die Punkte, an denen Sie den Klang formen (allgemein: Hände, Fingerspitzen, bei Bläsern Lippen, Ansatz, bei Streichern die Kontaktstelle, die Verbindung von Bogen und Saite). Wichtig ist hier, dass eine effektive Kraftübertragung aus dem Körper über diese Berührungspunkte auf das Instrument stattfindet.
Eine optimale Kraftübertragung äußert sich für Sie in dem Gefühl einer „satten“ taktilen Verbindung zum Klangkörper. Sie bietet Ihnen ein Höchstmaß an Sicherheit und Information bei der Erarbeitung und Bewältigung schwieriger Passagen. Sorgen Sie also an den Kontaktpunkten für ein permanentes, „sattes“ Wohlgefühl!
Hier geht es um das Hören: Bei der Entwicklung des Klangsinnes handelt es sich um eine gezielte Sensibilisierung für den Obertonbereich, also für den Klang bzw. die Klangqualität. Experimentieren Sie mit der bewussten Beeinflussung des Obertonspektrums durch Veränderungen Ihrer Spielweise und suchen Sie eine Tonqualität, die Ihnen gefällt.
Sorgen Sie konsequent für Tonschönheit, egal, was Sie spielen, also auch beim Üben von Technik! Dieser ästhetische Klang stellt eine Art Ausgangsbasis dar, von der aus Sie die verschiedenen in Stücken verlangten Ausdrucksformen und Klangfarben spielerisch erkunden können.
Eine derartige, auf die Tonqualität gerichtete Konzentration fördert ein äußerst genussreiches Aufgehen in den selbst erzeugten Klängen. Sie kann bei konsequenter Anwendung regelrecht „high“ machen und ist in der Lage, den gesamten Übeprozess zu tragen.
Hier geht es um den Bewegungssinn: Alles, was Sie an Ihrem Instrument tun, sollte in einem Gefühl der Anstrengungslosigkeit geschehen. Gemeint ist hier nicht eine völlige Entspannung, eine Schlaffheit, sondern ein Körpergefühl des nicht angestrengten, leichten, fließenden Tuns, ein Gefühl des Tanzens, des Schwingens. Behalten Sie dieses Gefühl der Anstrengungslosigkeit jederzeit bei.
Achten Sie auf Ihren Körper! Ihr Körper signalisiert Ihnen eine Überforderung durch eine subtile Verkrampfung, die leicht „übersehen“ werden kann. Finden Sie also für eine technisch schwierige Stelle zunächst eine Form der Vereinfachung, in der Sie diese Stelle ohne das Gefühl der Verkrampfung ausführen können. Diese Form stellt den Ausgangspunkt Ihres weiteren Übeprozesses dar.
Mit wachsender Sicherheit entsteht dann spontan und von innen heraus der Wunsch, immer näher an die Originalfassung heran zu gehen, d.h. die Grenze dessen, was im Gefühl der Anstrengungslosigkeit bewältigt werden kann, immer weiter hinaus zu schieben.
Zu Beginn einer jeden Übesequenz sollte in jedem Fall zunächst - in Form von einzelnen Tönen oder leichten Melodien - der oben beschriebene Kontakt zum Instrument, zum Klang und zum Gefühl der Anstrengungslosigkeit etabliert werden. Haben Sie dieses Gefühl erreicht, können Sie sich an die Erarbeitung der aktuellen Literatur machen.
Spielen Sie zunächst improvisierend mit den Tönen des studierten Werkes herum. Notenwerte, Bindungen und dynamische Vortragszeichen müssen noch nicht beachtet werden. Setzen Sie zunächst einmal das vorgegebene Tonmaterial in optimal klingende Töne um und achten Sie dabei auf den oben beschriebenen dichten und „stimmigen“ Kontakt zum Instrument und zum erzeugten Klang. Verbessern Sie unmittelbar, was Ihnen störend auffällt!
Achten Sie darauf, diese Suche nach Qualität im Tasten, Hören und Fühlen konsequent musikalisch zu gestalten! Ohne dieses musikalische Herangehen entsteht kein Flow, keine Kreativität, Sie bleiben im „Üben“ stecken. Ihre Musikalität ist der Treibstoff, der Sie in einem sich selbst organisierenden, von Ihren Sinnen geleiteten Prozess an die gewünschte Endfassung Ihres Stückes heranführt.
üben im flow ist also die Kunst, das Gewünschte nicht zu „machen“, sondern es aus einem spielerischen, improvisierenden Prozess entstehen zu lassen.
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